2. Lady in Black (1)


Alexander Fiedler saß gelangweilt an seinem Schreibtisch und spielte mit einem billigen weißen Kugelschreiber, dessen Werbeaufdruck durch stetigen Gebrauch fast völlig verblasst war. Nur wenige Leute ordneten das Verfassen von Berichten den Tätigkeitsbereichen eines Privatdetektivs zu und Fiedler wäre es nur all zu lieb gewesen, wenn sie damit Recht hätten. Leider war es aber eine unumgängliche Tatsache, dass vor allem die zahlungskräftigeren und einflussreicheren unter seinen Kunden auf detaillierte schriftliche Berichte bestanden und nicht mit einem einfachen Ermittlungserfolg zufrieden waren.

Draußen trommelte der Regen in monotonem Stakkato gegen die längst nicht mehr geputzte Fensterscheibe und vor dem grauen Himmel zeichnete sich Durnburgs alles andere als eindrucksvolle Skyline ab: die bulligen Blöcke der Banken, Kauf- und Geschäftshäuser in der Innenstadt, die zwei gotischen Türme des Doms, das asymmetrische Turmgespann der Abtei, am Rand eine Handvoll zehn- und mehrstöckige Wohnsilos und all das überragt von der Burg auf ihrem mächtig aufragenden Felssockel. Irgendwann hatte Fiedler vergessen, ob er in dieser Stadt lebte, weil er sie mochte oder ob er die Stadt mochte, weil er dort lebte. Im Grunde genommen machte das auch keinen Unterschied. Er hatte seine Klientel, einen gewissen Ruf, ein dichtes Netzwerk an Kontakten, Gefallen und Verpflichtungen und damit sowohl Arbeit als auch Auskommen und ein gewisses Maß an Absicherung.

Immerhin - seine Fähigkeiten und Dienste waren einzigartig in der Stadt und hoch geschätzt von einigen Gruppierungen in der Stadt. Natürlich gab es auch andere Grenzgänger, die für Bezahlung in der Privatsphäre von fremden Leuten herumschnüffelten, aber keiner von ihnen verfügte Fiedlers ausgezeichnete Verbindungen sowohl zur Grenze als auch in die normale Welt.

Ein energisches Klopfen an seiner Bürotüre riss ihn aus seinen Überlegungen. Durch die Milchglasscheibe (selbstverständlich mit schwarzer Aufschrift "A. Fiedler, Privatdetektiv") zeichnete sich die Silhouette des Kopfes einer nicht sonderlich großen Person mit langen Haaren ab. Wahrscheinlich eine Frau. Noch bevor sich er zu dieser äußerst scharfsinnigen und unvoreingenommenen Schlussfolgerung gratulieren konnte, wurde die Türe geöffnet und eine junge Frau um die 18 bis 20 Jahre trat mit selbstbewusstem Schritt ein.

Routiniert begann Fiedler, Details seiner Besucherin zu registrieren: Sie war ohne Einladung eingetreten und war demnach nicht den üblichen Einschränkungen für Feenvolk, Vampire und ähnliche "böser Geister" unterworfen - aber das bedeutete nicht viel. Als Kleidung trug sie eine dicke schwarze Bomberjacke mit aufgenähten "Anarchie"-Symbolen, unter der zwei schlanke, aber muskulöse Beine in knallengen, ausgewaschenen schwarzen Jeans steckten, die ihrerseits (verblüffenderweise) in schwarzen Stöckelschuhen endeten. Hände und Gesicht der Fremden hatten die Farbe von gutem Milchkaffee und ihre Gesichtszüge - umrahmt von nachtfarbenen leicht gelocktem Haar - berichteten von orientalischen Vorfahren.

"Sind Sie Alexander Fiedler?" Die leicht rauchige Stimme der Frau enthielt sowohl einen Anklang an das Schnurren als auch an das Fauchen einer großen Raubkatze. Eigentlich eine Frau nach Fiedlers Geschmack ... und mit Vorsicht zu genießen.

Keine Kommentare: