17. Andere Anweisungen (4)

“Ahm...” begann Brack unsicher und ein wenig gekränkt, da hob Unbehaun stillegebietend seinen klingenumwirbelten Arm und schnitt seinem Untergebenen das Wort ab: “Ich will Sie eigentlich nicht lange auf die Folter spannen, allein schon, weil mir die Zeit dafür fehlt. In den Ereignissen, die Sie in Ihrer Verantwortung sehen, finde ich einiges an Selbstüberschätzung - wenn auch nicht von Ihrer Seite, sondern von Frau Hasmann. Offenbar ist der jungen Dame der Triumph über den Puppen-Troll-Hybriden zu Kopf gestiegen, denn was sie sich mit dem Aufzug geleistet hat, lässt jede Selbstkontrolle vermissen. Bedenken Sie, welche Auswirkungen der Absturz gehabt hätte, wenn ein Grenzer - womöglich sogar Alexander Fiedler - bei dem Vorfall ums Leben gekommen wäre! Abgesehen vom Tatbestand der leichtfertigen Tötung mit magischen Mitteln wäre dieser Bruch des Durnburger Friedens auch politisch unserem Bund zur Last gelegt worden. Mit ihrem törichten Fluch hat Frau Hasmann unnötig Leben von befreundeten und möglicherweise neutralen Personen gefährdet und einen Bruch des Paktes von Durnburg riskiert. Natürlich ist es offensichtlich, dass in der Spielhalle eine wie auch immer geartete beeinflussende Wirkung vorgeherrscht hat, aber ich erwarte von meinen Adepten, dass sie gerade solche Bedrohungen antizipieren und kompensieren!” Die Stimme des Magiers hatte sich kaum verändert, doch der Unterton und der wilder und schneller werdende Tanz der Dolche um seine linke Hand verrieten aufwallenden Zorn, der aber rasch wieder zum gewohnt unwägbar sachlichen Ton abklang. “Was mich zur Insubordination bringt.”

Unvermittelt drehte sich Unbehaun zu dem verblüfften und unwillkürlich das Schlimmste erwartenden Brack um. “Ist Ihnen bekannt, dass Sie nicht der Erste sind, der mir über das Versagen Ihres selbst verantworteten Vorhabens berichtet? Nein? Nun, einer Ihrer Handlanger hielt es bereits für nötig, mich vor Ihnen über die Geschehnisse zu informieren.” In Bracks Kopf rasten die Gedanken. Zwar hatte er nicht die höchste Meinung über Beil und Mohrek, dass sie ihn hier anschwärzen wollten, konnte er sich aber nicht vorstellen. Zählte Unbehaun die Hasmann zu seinen Handlangern? Wohl kaum. Wer kam dann in Frage?


Als er sich scheinbar lange genug an Unbehauns Verwirrung geweidet hatte, fuhr dieser fort: “Bevor Sie sich über die zweifelhafte moralische Integrität Ihrer Männer zu viele Sorgen machen: Der Informant hatte mitnichten vor, Sie ans Messer zu liefern.” Unwillkürlich schielte Brack zu den Dolchen. “Stattdessen erklärte er, das Scheitern der Aktion wäre einzig und allein in seinem eigenen Versagen begründet.” Unbehauns durchdringender Blick nahm erneut wie ein Bannstrahl Besitz von Brack. “Es sieht so aus, als würde es hier zum praktizierten Brauch, die Verantwortung für das Versagen anderer zu übernehmen. Wissen Sie, was ich daraus schließe?” Ergeben ließ Brack eine weitere rhetorische Frage über sich ergehen. “Ihre ‘Schergen,’ oder wie Sie sie nennen, entwickeln einen gewissen Zusammenhalt und nehmen Sie als Anführer und Vorbildfunktion in Schutz. Zwar missfällt mir der dadurch latent im Raum stehende Gedanke, welche Position diese Männer wohl einnehmen würden für den rein hypothetischen Fall einer Konfrontation zwischen Ihnen und dem Bund, repräsentiert durch mich. Dennoch halte ich die Situation für den Bund für vorteilhaft, so lange ich mir Ihrer Loyalität sicher sein kann. Gerade für eine Organisation wie die unsere ist eine Führungsperson, mit der sich die weltliche Belegschaft assoziieren kann, durchaus nützlich.”

1 Kommentar:

Stefan hat gesagt…

Da hat man es als Oberschurke plötzlich schwer! Gilt die Loyalität plötzlich aufgrund persönlicher Bande nur noch dem "Oberschergen", hat der das Zepter in der Hand, einen (Zwergen)Aufstand anzuzetteln - und plötzlich ist man auf die Kooperation angewiesen. Umgekehrt kann man sich jetzt nicht mehr so mirnichts, dirnichts der unbequemen Person entledigen, der selbe Aufstand wäre die Folge. Offenbar war sich Brack dieser Situation noch gar nicht bewußt, von daher war es vielleicht etwas ungeschickt von Unbehaun, im das zu erzählen... auch Oberschurke sein ist nicht immer leicht!