24. Auf ein Andermal (2)

Knapp, trocken und sarkastisch lachte Brack auf. “Nein. Der wäre wohl ziemlich angepisst, wenn er davon erfahren würde! Aber bevor du fragst: Ich verstoße auch gegen keine Absprachen oder bestehenden Verträge.”
Zögerlich hellte sich der Ausdruck auf Fiedlers Gesicht etwas auf, dann nickte er und streckte die offene rechte Hand aus. “Na gut, ich bin dabei. Du fängst an! Was weißt du über die Persönlichkeitsprobleme des Schlosserbrückentrolls?”
“Klar. Ich fang an. Das kenne ich schon.” Über Bracks kantiges Gesicht huschte ein Anflug des Amüsements, als er die Abmachung der beiden Männer mit Handschlag besiegelte. Dann wanderte sein Blick in Richtung der Neustadtseite der Brücke und seine raue Stimme begann etwas abwesend zu erzählen: “Seit er den Auftrag an Land gezogen hatte, die Kirchner von den Toten zurückzuholen, hat Unbehaun darauf bestanden, dass du ihre Seele wiederbeschaffst. Du musstest das übernehmen. Da hat er keinen Zweifel gelassen. Gleichzeitig wollte er dich nicht alleine gehen lassen - vielleicht aus Misstrauen dir gegenüber, vielleicht aus der Befürchtung, jemand könnte versuchen, dir die Seele mit Gewalt wieder abzunehmen. Nicht zu unrecht, wie wir gelernt haben.
Natürlich habe ich vorgeschlagen, dich mit ein paar Männern zu begleiten und die Sache gemeinsam anzugehen, das war ihm aber nicht magisch genug. Stattdessen ließ er sich von einem Kollegen bei Libra et Liber einen Geist beschwören und binden, der dich begleiten sollte.” Er nahm einen Schluck Kaffee und schnitt eine angewiderte Grimasse als er fortfuhr. “Ich finde Geister an und für sich sin ja schon meistens reichlich unsympathisch - das Ding war aber echt hart an der Ekelgrenze. Soweit ich das mitbekommen habe, wollten sie dir etwas Körperliches mitgeben, das bei Bedarf auch physisch kräftig hinlangen könnte. Also nahmen sie eine Schaufensterpuppe, ein paar unecht aussehende ägyptische Tontöpfe und ein verdammt echt aussehendes Gehirn und stopften das alles ineinander und dann den Geist hinterher. Das resultierende Ekelpaket bekam dann von Unbehaun einen Auftrag und ein Empfehlungsschreiben, bevor es deine Richtung geschickt wurde. Alleine.”
Flüchtig sah Brack zu dem neben ihm am Geländer lehnenden aufmerksam lauschenden Fiedler hinüber. “Ganz ehrlich, ich hätte an deiner Stelle wahrscheinlich aus reinem Reflex versucht, das Ding beim ersten Kontakt auszuschalten. Aber dazu kam es wohl gar nicht. Keine Viertelstunde, nachdem die Schaufensterpuppe das Hauptquartier verlassen hatte, fing nämlich ihr Beschwörer völlig unvermittelt an zu schreien, kurz bevor ihm Blut aus Nase, Ohren und Augen sprudelte. Viel retten konnten wir nicht. Aus ihm und seinem zermatschten Gehirn war gerade mal noch herauszubekommen, dass er die Beschworene verloren hatte und dass sie ihm von einem ‘Weib aus Nacht und Flammen’ entrissen worden war. Wir sind natürlich sofort los und haben die Puppe gesucht - aber nur noch ein paar Plastikbrocken, Stofffetzen und den angeknacksten Topf mit dem Gehirn gefunden. Den Rest hatte offensichtlich deine Geisterbraut … gefressen.”
Fiedler verzog bei dem Gedanken etwas angeekelt das Gesicht und knüpfte nach kurzer Denkpause an Bracks Erzählung an: “Tja, wie auch immer sie das gemacht hat - als ich die von dir charmant als ‘Geisterbraut’ beschriebene Beschworene zu Gesicht bekommen habe, war ihr nichts Widerliches anzumerken. Nach dem Scharmützel ist die Dame dann in durchaus appetitlichem Zustand bei mir aufgetaucht, hat mir den Auftrag samt Unbehauns Knebelbrief präsentiert und sich flugs an meine Hacken gehängt. Dabei ist es ihr geradezu perfekt gelungen, alle notwendigen Instanzen inklusive mir bezüglich ihrer Identität erfolgreich hinters Licht zu führen. Sei’s drum.” Er machte eine wegwischende Geste, wie um alle möglicherweise aufkommenden Einwürfe von vorneherein entkräften. “Zwischendurch musste ich die Lady dann mal eine Zeit lang abhängen - zum Schutz eines Kontaktes, du verstehst schon. Irgendwie hat sie mich dann aber doch aufgespürt - und zwar ziemlich genau hier auf der Neuen Schlosserbrücke, wo sie dann auch prompt persönlich aufgetaucht ist. Selbstverständlich ließ sich der allseits bekannte Brückentroll die Gelegenheit nicht entgehen, eine Dame von der Grenze anzupöbeln.”

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