5. Brückenschläge (4)


Sina verdrehte die Augen und ein tonloses "Du kommst mir recht!" zischte über ihre Lippen.

Die Bewegung war zu schnell, als dass ein menschliches Auge ihr hätte folgen können. Ein stinkender Luftschwall fuhr an Finn und Fiedler vorbei und mit einem dumpfem Krachen, schmetterte der massige Troll Gesicht voran auf den harten Stahlbetonboden der Brücke. In seinem Genick hockte die vergleichsweise zerbrechlich wirkende Sina, die Hände in die verfilzte Mähne des unter ihr liegenden Monsters gekrallt, einen Stöckelschuh auf dem Boden und den anderen Absatz voraus im Stiernacken des Trolls.

Ihre Stimme klang gleichzeitig kalt wie Eis, aggressiv wie das Fauchen einer Wildkatze und schneidend wie eine über die Haut gezogene Rasierklinge.

"Hör zu, Fee!" Mit einem seltsamen Rucken und Beben schien der Troll ein Stück zu schrumpfen, als würde eine unsichtbare Kraft, seinen Körper und seine Gliedmaßen zusammenpressen.

"Ich hasse es, gestört zu werden!" Erneut wurde die zuckende Monstergestalt des Trolls ein Stückchen kleiner und rings um ihn breiteten sich Risse auf den Betonplatten aus.

"Vor allem von einer dummen kleinen Fee wie dir!" Sina spie die Worte förmlich aus. Ein weiterer Ruck und der Körper des Trolls wurde zusammengestaucht, bis er kleiner war als Sina selbst. Zwei Panele des Plexiglasdachs der Brücke zerbarsten in einer glitzernden Wolke aus Plastiksplittern, und der Regen prasselte nun ungehindert auf die Szene darunter.

"Ich hätte Lust, dir aufgeblasenem Stück arcadischen Abfalls die ganze heiße Luft abzulassen! Allerdings ist mir das ein bisschen zu viel unnötiger Aufwand - aber nur ein bisschen." Diesmal reduzierte die unsichtbare Gewalt die Gestalt des Trolls auf die Größe eines Kindes. Ein Beben ging durch die Brücke. Finns Griff auf die Statue, an der er sich festgeklammert hatte, wurde etwas fester, und Fiedler, der in Deckung gehechtet und gerade wieder auf die Beine gekommen war, taumelte ein wenig.

"Also raff dein bisschen Verstand zusammen, verkriech dich unter deinen Brückenpfeiler und lass uns ein für alle Mal in Ruhe! Hast du das verstanden?" Bei dem Crescendo am Ende ihrer Worte schien die Luft um Sina vor Hitze zu flirren, und ein Schwarm von Regentropfen ging in kleinen Dampfwolken auf.

Mit einer abfällig wegwerfenden Geste ließ sie ihren Griff auf den nunmehr grotesk winzigen Troll los, stand aus der Hocke auf und ging einen Schritt zurück. Hektisch rappelte sich das kleine Monster auf, blickte sich zornig und unsicher um, wich etwas vor Sina zurück, zog den Kopf ein und rannte in panischer Angst davon in Richtung Stadtufer.

"Feenvolk! Ich hasse diese eingebildeten Blender!" Angewidert schüttelte sich Sina und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den beiden Männern zu. Allerdings wich nach diesem letzten Grollen jedes Anzeichen von Zorn aus ihrem Gesicht und sogar ein zufriedenes Schmunzeln spielte um ihre Mundwinkel.

"Tja, dafür haben Sie Glück, meine Herren - ich habe schon jemand anderen zum Abreagieren gefunden. Nachdem das geklärt ist ... wobei habe ich Sie unterbrochen?"

Fiedler war tatsächlich ein wenig aus dem Konzept gekommen. "Ahm ... ich war gerade dabei ... Herrn Steinmeier ein Geschäft vorzuschlagen und ihn für unsere Sache anzuheuern." Zeit und Gelegenheit, den Köder für Steinmeier auszuwerfen: "Er war damals Zeuge beim Tod von Astrid Kirchner - und könnte uns damit sicher dabei behilflich sein, sie wieder zu den Lebenden zurückzuholen."

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