8. Untertöne (1)


Trommelschläge füllten unvermittelt den Raum. Wie das erste verhaltene Donnergrollen eines Hitzegewitters rollte eine Welle pochender Tonsalven durch die Jungle Lounge und schwemmte mit ihrer anschwellenden Präsenz die abrupt verklingende Reggea Hintergrundmusik hinweg. Überrascht fuhr Finn Steinmeier herum, während sich weder Sina und Fiedler die Blöße gaben, eine Miene zu verziehen. Die Quelle der pulsierenden Rhythmen war schnell ausgemacht: Eben die Frau, die sich zuvor im Schatten des Ecktisches aufgehalten hatte, stand nun auf der Bühne, umgeben von einer Reihe von Schlaginstrumenten unterschiedlicher Form, Größe und Machart und bearbeitete diese mit ihren bloßen Händen. Ihre Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt, die Pupillen geweitet und ihr ganzer Körper bebte die durch ihre Hände geformten Rhythmen mit, vor und nach.

"Wow!" Finn sah zu seinen beiden Tischnachbarn und stutzte. "Ok. Lassen Sie mich raten - Sie kennen das alles schon, haben darauf gewartet und sind eigentlich gelangweilt?" Er gab sich nicht einmal Mühe, Frustration und Ironie zu verbergen.

"Na ja, " vergeblich versuchte Fiedler etwas beschwichtigend zu wirken, "das kann ich so nicht sagen, Herr Steinmeier. Natürlich ging ich davon aus, dass die Dame dort" - er gestikulierte in Richtung der Trommlerin - "heute wie jede Woche die Bühne an sich reißt, bevor später die eigentliche Live-Musik anfängt. Schließlich bin ich hier, um mich mit ... ahm ... wie drücke ich's am besten aus? ... um mich mit den beiden zu treffen. Allerdings muss ich zugeben, dass mich die Auftritte von Madame jedes Mal auf's Neue beeindrucken. Unglaublich, was sie da hineinlegt..."

Wie auf ein Stichwort beschleunigte sich der Puls der Trommelklänge und ein neues Muster fügte sich in die bestehenden Rhythmen ein, dann noch eines und noch eines. Schweigend sahen die drei Grenzgänger zu, wie sich Schweißperlen auf der Stirn der dunkelhäutigen Trommlerin bildeten.

"Sie kennen die Dame also, Herr Fiedler?" Sina wirkte skeptisch interesssiert. "Darf ich erfahren, was sie darstellt? Eine Informantin? Eine weitere für den Auftrag wichtige Person? Ihre ursprüngliche Abendgestaltung, der Sie absagen wollen? In letzterem Fall müsste ich Ihnen einen ziemlich guten Geschmack bescheinigen..." Ein freches Funkeln blitzte in ihren Augen.

"Zerbrechen Sie sich doch einfach ein bisschen den Kopf über meine Vorlieben und den Satz: Die Dame ist eine wertvolle Quelle von Informationen, über die sie nicht verfügt. - Vielleicht ein bisschen wie Frau Kirchner." Fiedler stand auf und zurrte sich seine Lederjacke zurecht. "So. Ich gehe jetzt Zigaretten holen."

Finn stutzte. "Äh ... aber .. rauchen Sie?"

"Nein."

Grinsend und gelassen stapfte Fiedler davon ins bunte Zwielicht des Lokals.

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